(eine
Sommergeschichte)
(Blood
libel)
I
Die
Sommerhitze stellt eine grosse Herausforderung für eine Welt
ohne Klimaanlagen dar. Wenn das Thermometer über die vierzig
Grad Celsius Marke hinausschiesst (oder in dreistellige Bereiche
für Anhänger des Fahrenheitsystems), dann bewegt sich die
Menschheit langsamer und sucht ihr Heil im kühlen Nass oder im
Schatten. Familien mit Kindern machen sich auf ans Meer und
elegante Pärchen ergehen sich in den Bergen. Doch die
eleganteste Art, sich gegen klebrigen Schweiss und Unbehagen zu
wehren wurde von den einfallsreichen Japanern entwickelt. An den
heissesten Sommerabenden treffen sie sich und erzählen sich
gruselige Horrorgeschichten, die kalte Schauer den Rücken
hinunterjagen und auf ihrer zarten seidigen Haut Gänsehaut
entstehen lassen. Im Juli zeigen alle Kinos in Tokio die
beliebtesten Horrorfilme, von Kwaidan mit seinen
zahlreichen Geisterfiguren bis zu Godzilla, der seine
Rachegefühle an New York auslässt. Nach solchen Filmen treten
die Japaner der stickigen Hitze mutig entgegen.
Diesen
Sommer wurde das japanische Beispiel von David Aaronovitch in
der britischen Wochenzeitung The Observer nachgeahmt. Um
das Blut seiner englischen Leser gefrieren zu lassen, erzählte
er von der „blutigen Lüge“ und griff auf die Geschichte zurück,
in der Juden christliche Kinder kidnappen, sie töten und „ihr
Blut für obskure Rituale verwenden. In England gab es eine Reihe
solcher Geschichten im zwölften und dreizehnten Jahrhundert und
viele Juden verloren dadurch ihr Leben“, schrieb er. „Was macht
also diese blutige Lüge in einer Kolumne der respektablen
ägyptischen Tageszeitung Al-Ahram mit hoher Auflage, in
einem Buch des syrischen Verteidigungsministers und in vom
Fernsehen übertragenen Predigten aus verschiedenen
palästinensischen Moscheen?“, fragt Aaronovitch. Er erklärt,
dass „die betreffende Lüge aus dem Damaskusvorfall von 1840
entstanden ist, als einige Juden (auch ein gewisser David
Harari) unter Folter den ottomanischen Behörden „gestanden“,
dass sie einen Priester gekidnappt hätten und sein Blut
gestohlen hätten“.
Der
Priester, der in Damaskus ermordet wurde, war wohl kaum ein
Kind, doch das kann Aaronovitch nicht aufhalten. Er weiss nichts
über diesen Vorfall, doch auch das kann ihn nicht aufhalten.
Doch er WEISS, dass ein Jude einfach unschuldig sein muss.
Aaronovitch steht nicht alleine da. Jackie Yakubowsky in
Schweden und eine Fülle von Gesinnungsgenossen von New York bis
Moskau erinnern ihre Leser an die Sünden von Damaskus. Würden
sie eine Internetsuche starten, dann würden Sie sehen, dass
dieser Ausdruck in ausgedehnter Weise verwendet wird, jedes Mal
wenn ein jüdischer Schreiberling darüber unglücklich ist, dass
Anschuldigungen gegen einen Juden erhoben werden: sei es Marc
Rich, der mit seinen Milliarden der Steuerbehörde entkam, George
Soros, der Malaysien in die Armut trieb, Ariel Scharon, der von
einem belgischen Gericht des Massenmordes angeklagt wurde oder
Muhammad ad-Durra der vor Millionen von Fernsehzuschauern
erschossen wurde, es ist immer ein Fall von blutiger
Verleumdung. Es muss auch nichts mehr mit Kindern und Blut zu
tun haben. Was Juden gar nicht mögen ist „Antisemitismus“. Doch
jedes Mal, wenn eine wahrhaft unangenehme Anschuldigung
geäussert wird, ist die beste Verteidigung die Augen gen Himmel
zu verdrehen und zu verkünden, es handle sich um „eine blutige
Verleumdung“. Und so kam es, dass Shimon Peres, als Israel
allseits für das Massaker von Jenin verurteilt wurde und er die
Tat weder rechtfertigen noch vertuschen konnte, die
Beschuldigung selbst als „blutige Lüge“ bezeichnete.
„Blutige
Verleumdung“ ist der jüdische Schlachtruf, wie auch der
Schlachtruf „Montjoie St Denis“ der französischen Ritter
und „St. George for merry England“ der englischen Ritter.
Und jedes Mal, wenn die Juden ihn hören, dann mobilisieren sie
sich und Nichtjuden sind von der Anschuldigung entsetzt und zum
Schweigen gebracht.
Als die
Zahl der ermordeten palästinensischen Kinder in die Hunderte
ging und internationale Organisationen langsam darauf aufmerksam
wurden, wurde prompt die blutige Verleumdung wieder hervorgeholt
als ultimative Verteidigungsstrategie für die Killer. Es half,
obwohl sich der Chef des Shabak, des israelischen
Geheimdienstes, in einem Fernsehinterview zur besten Sendezeit
fragte, warum israelische Soldaten freiwillig so viele Kinder
ermordeten.
Der
furchterregende Ausdruck kann auch gegen ungehorsame Juden
eingesetzt werden. Als Edward Herman, der Autor von
„Manufacturing Consent“
über die „mächtige pro-israelische Lobby in den Vereinigten
Staaten“ schrieb, „die israelische Interessen vorantreibt, indem
sie finanzielle Unterstützung Amerikas und Schutz für Israel
fordert und, momentan, nach einem Krieg gegen den Irak verlangt,
der auch wieder israelischen Interessen dient. Diese Lobby
diente nicht nur dazu, Kontrolle über Diskussionen in den Medien
zu erlangen und den Kongress zu „israelischem Territorium“ zu
machen, die Lobby sorgte auch dafür, dass zahlreiche Personen
mit „doppelter Loyalität“ strategisch entscheidende Positionen
in der Bush Administration besetzen…“, schrieb mir der jüdisch
amerikanische Filmemacher David Rubinson und nannte Hermans
Worte „die ultimative blutige Lüge“. Meine eigene Bemerkung über
ermordete palästinensische Kinder wurde „als blutige Lüge“
bezeichnet von der stark rechten Zeitung The Jerusalem Post,
die von Conrad Black herausgegeben wird.
Der häufige
und tendenziöse Gebrauch des entsetzlichen Verleumdungsbegriffs
(zusammen mit „Antisemitismus“ und „Protokolle der Weisen von
Zion“) brachte eine gewisse Herabwertung seines Wertes mit sich,
doch er hat immer noch eine starke Wirkung. Es steckt natürlich
kein Stückchen Wahrheit hinter der blutigen Verleumdung, der
Anschuldigung des rituellen Kindesmordes. Oder etwa doch? Die
blutige Verleumdung wurde erst kürzlich vom Observer
erörtert, der Wochenzeitung, die Aaronovitchs Artikel
veröffentlichte, und dies verursachte keinerlei Gegenreaktion.
Hier ist
der Zeitungsausschnitt:
Der
„Torso-Junge“ war ein rituelles Opfer
Von
Martin Bright und Paul Harris
Ein Junge,
dessen verstümmelter Torso in der Themse treibend in London
entdeckt wurde, war als Sklave nach Grossbritannien gebracht
worden und im Zuge eines afrikanischen „religiösen“ Rituals
geopfert worden, das seinen Killern Glück bringen soll.
Genetische Tests, die an dem Jungen durchgeführt wurden, der
letzten September ohne Kopf und Gliedmassen und nur mit
orangefarbenen Shorts bekleidet gefunden wurde, weisen auf einen
westafrikanischen Ursprung hin. Eine weitere Analyse des
Mageninhalts und der Knochenzusammensetzung beweist, dass das
Kind, zwischen vier und sieben Jahre alt, dem die Polizei den
Namen Adam gab, nicht in London aufgewachsen sein kann.
Detektive verfolgen nun die Spur, dass er als Sklave aus
Westafrika nach Grossbritannien geschmuggelt wurde, nur um dort
getötet zu werden. Experten für afrikanische Religion, die von
der Polizei um Rat gefragt wurden, glauben, dass Adam einem von
400 „Orisha“ oder anzestralen Göttern des Yoriba Volkes geopfert
wurde - Nigerias zweitgrösster Volksgruppe. Oshun, eine
Flussgottheit der Yoriba, wird mit der Farbe Orange in
Verbindung gebracht, die Farbe der Shorts, die Adam 24 Stunden
nach seinem Tod als bizarres Beiwerk des Rituals angezogen
wurden. Aus der Analyse seiner Kleidung schliesst die Polizei,
Adam könnte aus Deutschland nach London gekommen sein. Sein
Schicksal schockierte die westafrikanische Gemeinde in
Grossbritannien. Der Vizevorsitzende der Vereinigung African
Caribbean Development Association, Temi Olusanya, sagte: „Dieses
Verbrechen kann in afrikanischen Religionen nicht toleriert
werden.
Mord ist Mord“ The Observer.
Nun sind Sie wieder zu Atem gekommen.
Nun sind
Sie entspannt. Also sind es die Schwarzen, die rituelle Morde
begehen, nicht die Juden. Wen kümmerts? In Raymond Chandlers
Buch Farewell, My Lovely kommt ein Reporter am Schauplatz
eines Verbrechens an, der buchstäblich im Blut schwimmt,
erfährt, das Gemetzel sei von Bewohnern Harlems begangen worden,
ruft aus „ach, scheiss doch drauf“ und fährt davon. Aus
irgendeinem Grund wird nie „blutige Verleumdung“ geschrien, wenn
Schwarze des Ritualmordes verdächtigt werden, genauso wie
Genozid an Schwarzen oder Armeniern nicht als „Holocaust“
bezeichnet wird.
„Wenn
Palästinenser Schwarze wären, dann wäre Israel ein Pariastaat,
der wirtschaftlichen Sanktionen von Seiten der USA unterworfen
würde“, schrieb The Observer in einem Leitartikel nach
dem Ausbruch der Zweiten Intifada. Oh nein, wenn die
Palästinenser schwarz wären (und einige wenige sind es sogar),
dann würden die USA die Sklaverei wieder einführen und der
Leitspruch des grossen jüdischen Weisen Maimonides „Schwarze
sind keine Menschen“
würde in goldenen Lettern auf den amerikanischen Dollar geprägt
werden. Tatsächlich hat das „afroamerikanische Israel“,
Liberien, in den 160 Jahren der Existenz des Landes weniger
finanzielle amerikanische Unterstützung bekommen als das
jüdische „Liberien“, Israel, in einem Monat.
Warum wird
die Anschuldigung von Schwarzen des Ritualmordes so leicht
genommen, während die Beschuldigung eines Juden im Bewusstsein
Wellen schlägt? Können wir nicht mit der Beschuldigung eines
Juden genauso einfach umgehen, detachiert und auf
geschäftsmännische Weise, wie der Observer und
Scotland Yard mit der ähnlichen Beschuldigung der Schwarzen
umgehen? Wenn dem nicht so ist, ist unser selbst erklärter
Anti-Rassismus keinen Penny wert.
Juden macht
ein bisschen Verleumdung nichts aus. Palästinensische Eltern
werden immer wieder von jüdischen Schreiberlingen beschuldigt,
ihre eigenen Kinder rituell zu opfern, indem sie sie dem
gerechten Zorn der israelischen Soldaten aussetzen. In einem
Artikel namens Child Sacrifice, Palestinian Style
(„Kindsopfer nach palästinensischer Art“ – Anm. des Übers.)
bemerkt ein gewisser Reuven Koret (Capitalism Magazine,
13. November 2002): „Bei den Palästinensern ist es Politik, ihre
Söhne und Töchter rituell zu opfern“.
Die Jerusalem Post schrieb über palästinensische „Eltern
und Anführer, die stolz darauf sind, ihre Kinder bei Angriffen
gegen Israel in den Tod zu schicken und auch israelische Kinder
zur Zielscheibe zu machen“.
Und die besonders boshafte Cynthia Ozick schrieb: „Doch die
genialste barbarische Erfindung der palästinensischen
Gesellschaft, die jede andere einfallsreiche Neuheit übertrifft,
ist die Rekrutierung von Kindern, die sich selbst in die Luft
sprengen, um so viele Juden wie möglich zu töten in den
belebtesten erreichbaren Gebieten“.
Aus
irgendwelchen Gründen schrieb fast keiner der jüdischen Leser
an diese Publikationen um gegen diese „blutige Verleumdung“ zu
protestieren oder gegen „die verallgemeinernde Beschuldigung
einer ganzen Gemeinschaft, die ruchlos verbreitet wird, um Hass
zu säen und rassistische Animositäten zu schüren, die zu Mord
und Massakern führen können“, wie David Rubinson gegen Herman’s
Essay und mein eigenes protestierte.
Scheinbar
ist es in Ordnung eine ganze Gemeinde zu beschuldigen, solange
es keine jüdische ist. Blutige Verleumdung ist auch okay,
solange Juden die Beschuldiger und nicht die Beschuldigten sind.
Dennoch ist es der Glaube an die jüdischen (und nicht die
palästinensischen) rituellen Kindesmorde, der weit verbreitet
war und sich hartnäckig hielt. Die alte Jewish Encyclopaedia,
Vol. III, 266 zählt die folgenden Fälle auf, beginnend mit
William of Norwich: weiters sind aufgezählt weitere 5 Fälle im
zwölften Jahrhundert, 15 im dreizehnten, 10 im vierzehnten, 16
im fünfzehnten, 13 im sechzehnten, 8 im siebzehnten, 15 im
achtzehnten und 39 im neunzehnten und so geht es bis zum Jahr
1900 (113 Fälle insgesamt). Es werden noch mehr Fälle für das
20. Jahrhundert genannt.
Was ist der Grund für diesen Glauben? Gab es eine weltweite und
jahrhundertelange Verschwörung, die unschuldige Juden in
scheussliche Verbrechen verwickeln wollte oder steckt da ein
Verbrechen hinter den Anschuldigungen?
II
Diese Frage
stellte sich der furchtlose Professor Israel Yuval der Hebrew
University in Jerusalem in seinem ertragreichen Buch, das in
Hebräisch erhältlich ist. Es sollte auch vor ein paar Jahren in
der California University Press in englischer Sprache
erscheinen, doch aus einer Reihe von Gründen ist dies noch nicht
geschehen. Es ist sicher blosser Zufall, dass ein paar
amerikanische jüdische Gelehrte sich gegen die Veröffentlichung
dieses Buches stellten und dazu aufriefen „es aus dem
öffentlichen Bewusstsein zu löschen“.
Yuval fand
heraus, dass hinter der blutigen Lüge tatsächlich
unbestreitbarer Kindesmord steckt. Während des ersten Kreuzzugs
versuchten ein paar Ungeduldige die Juden aus dem Rheintal mit
Gewalt zu taufen, um ihre Seelen vor dem satanischen Kult des
Hasses zu retten, wie sie es ausdrückten. Die Weigerung der
Juden wurde als stures Festhalten an Satan gesehen: für die
prä-modernen Menschen wäre unsere gegenwärtige religiöse
Indifferenz inakzeptabel. Für sie bestand eine direkte
Verbindung zwischen Glauben und Verhalten und sie hatten das
Bedürfnis nach gemeinsamem Gottesdienst, nach der vereinigenden
Kommunion. Ein Jude, der dauerhaft in einem christlichen Land
wohnhaft war, schuf eine komplizierte Situation: er hatte nicht
die Pflicht zur Nächstenliebe und konnte (und tat dies auch
häufig) in einer asozialen Weise handeln, zum Beispiel
praktizierte er Wucher und Hexerei. Die Christen machten sich
besonders Sorgen über den weit verbreiteten jüdischen Brauch
Nichtjuden zu verfluchen. Jeden Tag baten die Juden Gott darum,
Christen zu töten, zu zerstören, zu erniedrigen, zu
exterminieren, zu diffamieren, auszuhungern, zu pfählen, sie im
göttlichen Rachezug anzuführen und den Umhang Gottes mit dem
Glut der Goyim zu tränken. Das Buch von Israel Yuval bietet eine
gute Auswahl an grauenhaften Flüchen.
Die
Kreuzritter waren keine Rassisten. Sie hielten die Juden nicht
für völlig übel, doch sie wiesen die Ideologie des Hasses und
der Rachsucht zurück, die sich in den Flüchen widerspiegelte.
Sie fürchteten die Flüche genauso wie die Juden sie fürchten.
(Im heutigen Israel ist Fluchen ein kriminelles Vergehen, das
mit Gefängnis bestraft werden kann). Tatsächlich waren Flüche
für Juden und Christen in der damaligen Zeit nicht nur dumme
anstössige Worte, sondern eine mächtige magische Waffe. Die
Christen boten den Juden die Verstossung oder die Bekehrung an,
das altmodische Äquivalent unserer modernen psychologischen
Behandlung von Anhängern totalitärer Sekten. Zu der Zeit wurden
auch die Slaven und die Skandinavier zwangsbekehrt und es machte
also auch Sinn, die Juden bekehren zu wollen, die auf
christlichem Territorium lebten.
Dennoch
nahmen die Juden den Versuch, sie in das Neue Israel
aufzunehmen, nicht auf die leichte Schulter. Jedes Mal wenn die
„Gefahr“ der Bekehrung unmittelbar wurde, ermordeten viele von
ihnen ihre eigenen Kinder und begingen Selbstmord. Es ist nicht
leugbar: jüdische und christliche Chronisten der Epoche
berichten lang und breit über diese Ereignisse, über Juden, die
dieses verrückte Verhalten glorifizieren und über Christen, die
es verdammen. Brachten sie ihre Kinder um, um sie vor Christus
zu retten? Nein, nicht wirklich. Das allein wäre schon schlimm
genug, doch die Realität war schlimmer. Der Mord wurde als
rituelle Schlachtung durchgeführt mit anschliessendem Trinken
des Blutes des Mordopfers, denn die Aschkenase Juden glaubten
daran, dass das Vergiessen jüdischen Blutes den magischen Effekt
habe, die göttliche Rache auf die Nichtjuden hernieder zu
bringen. Andere verwendeten das Blut der Opfer als Mittel zur
Sühne. In Mainz brachte der Vorsteher der Gemeinde, Yitzhak b.
David, seine kleinen Kinder in die Synagoge, schlachtete sie ab
uns goss ihr Blut auf den Bogen und sprach dabei: „Möge das Blut
des unschuldigen Lamms die Sühne für meine Süden sein“. Dies
geschah zwei Tage nach der Konfrontation mit Christen, als die
Gefahr bereits vorbei war.
Das Bild
von Juden, die Kinder aus Gründen des Kultes abschlachten, hatte
eine grosse Wirkung auf die christlichen Völker Europas. Dieses
Verhalten war mit christlichem Märtyrertum nicht zu vergleichen.
Während christliche Märtyrer von Hand anderer für ihren Glauben
zu sterben bereit sind, kommt für sie Selbstmord nicht in Frage
und sicherlich auch nicht Mord an ihren (oder fremden) Kindern
für solche Zwecke. Dieses Verhalten verstärkte das Bild der
jüdischen Grausamkeit und Skrupellosigkeit. Im Laufe der Jahre
sind die tatsächlichen Begleitumstände der Kindesmorde in
Vergessenheit geraten, doch das Bild eines Juden, der Kinder
abschlachtet, blieb im europäischen Gedächtnis gespeichert.
(Yuval verwendet hier die These Robert Graves, der viele
Traditionen der Kirche durch deren Missinterpretation von alten
Bildern erklärt). Dies war der Ursprung der Auffassung, dass
Juden christliche Kinder töten, während sie tatsächlich ihre
eigenen Kinder töteten, schreibt Professor Yuval.
Tatsächlich
tauchten Beschuldigungen übler Verleumdung bald nach Kindsmorden
in Deutschland auf. Yuval ist entsetzt über diese
Beschuldigungen doch er hat nicht begriffen, worum es geht: ein
ritueller Kindsmord bleibt ein ritueller Kindsmord. Wenn
Juden dieses verabscheuungswürdige Verbrechen in Mainz und Worms
begingen und andere Juden dieses Verbrechen in Geschichtsbüchern
aus den fünfziger Jahren als exemplarisches Verhalten preisen,
gibt es dann noch Raum für Entrüstung und Abscheu gegenüber
ähnlichen Anschuldigungen in Norwich oder Blois, oder in
Damaskus oder Kiev? Yuval denkt, dass ein Jude nur jüdisches
Blut trinken kann, um af Adonei (den Zorn Yahwehs) zu
erwecken, doch in einigen Fällen wurde das entführte Kind vor
seiner Ermordung beschnitten, also zum „jüdischen Kind“ gemacht.
Und für die Sühne war auch das Blut von Lämmern ausreichend.
Zahlreiche
mittelalterliche Geschichten von Juden, die ihre Kinder dafür
töten, dass sie selbst eine Kirche besucht haben oder auch nur
an die Taufe gedacht haben, sind also nicht überraschend. Eltern
und Verwandte von Bekehrten beachteten eine volle Trauerphase
für Konvertierte. Sogar im zwanzigsten Jahrhundert trauert Tevye
der Milchmann, eine Figur aus Sholem Aleichems Fiedler auf
dem Dach, um seine getaufte Tochter. Der Trauerritus für
eine lebende Person ist ein traditionelles magisches Mittel, um
diese Person zu töten. Diejenigen, die wirklich an die Kraft der
Magie glaubten, starben wahrscheinlich auch daran, wie uns
Frazer berichtet in seiner enormen Sagensammlung. Wenn man schon
versucht, jemanden mit Magie zu töten, warum sollte man dann
nicht mondänere Tötungswege gehen?
Im Laufe
von achthundert Jahren wurden Juden in mehr als hundert Fällen
von Ritualmord und Blutopfer angeklagt und für schuldig
befunden. Das ist eine ganz vernünftige Zahl, wenn wir uns auf
religiöse Fanatiker beziehen. Wahrscheinlich würde jede
religiöse Gemeinschaft ähnlicher Grösse eine ähnliche Anzahl von
Fehlgeleiteten hervorbringen, wie den Marschall Frankreichs
Gille de Rais aus dem 15. Jahrhundert oder Comorre den
Verfluchten, ein bretonischer Anführer aus dem 6. Jahrhundert.
Es wäre eigenartig, wenn all diese Fälle eine „Verleumdung“
wären. Das Konzept der magischen Kraft des Blutes war im
jüdischen Denken verankert. Blut wurde zur Sühne getrunken. Ja,
es handelte sich um Lammblut, doch im Mainzer Fall war es das
Blut von Kindern, das diesen Zweck erfüllte. In der christlichen
Welt handelte es sich um Menschen, die schwarze Magie
praktizierten und Menschenopfer in einem pervertierten
„christlichen“ Ritual. Die Christen ersetzten das menschliche
Blut durch den Messwein, das Blut Christi, das Blut des
Osterlamms. Ist es vernünftig zu denken, dass die Juden niemals
Magier und Hexer hervorbrachten, die menschliches Blut
verwendeten, um sich von ihren Sünden reinzuwaschen oder um die
Erlösung zu beschleunigen?
III
Andererseits ist es möglich, dass die Verbindung zwischen
Blutopfern und dem matzo des Pessah Festes oder
dem homentash des Purim Festes nur ein Volksglaube
ist. Der mystische Gedanke an Trinkgelage könnte von einfachen
Menschen missverstanden werden. Yuval erklärt dies mit einer
Kombination von verschiedenen Traditionen und deren
Fehlinterpretation.
Juden
hassen das Christentum von ganzem Herzen und hielten viele
magische Zeremonien ab an Ostern, Purim und Pessah,
die sich gegen Christus und die Christenheit richteten. Sie
bastelten Puppen, die ans Kreuz geheftet waren und verbrannten
oder diffamierten sie auf verschiedene Arten; sie entweihten die
Hostie und parodierten die Kommunion. Der Brauch der
„Sauerteigvernichtung“ am Morgen des Pessah Festes sollte
ebenfalls die Zerstörung der Goyim symbolisieren und
herbeiführen, schreibt Yuval. Gelegentlich töteten sie Priester
und Nonnen. Die Pessah Gebete waren voll antichristlicher
Bezüge, von denen einige bis zum heutigen Tage existieren, wie
Shepoch Hamatha, ein Gebet, das Gottes Rache auf die
Goyim bringen soll und Aleinu Leshabeyach, ein Gebet, das
von Christus und seiner Mutter auf höchst blasphemische Weise
spricht.
Die
Christen verbanden im Geiste diese Phänomene, schreibt Yuval.
Wenn Juden Christus und Christen hassen, die Hostie entweihen
und ihre eigenen Kinder rituell opfern, dann töten sie
wahrscheinlich auch die Kinder anderer in Verbindung mit Ostern
oder Pessah, dachten die Christen, so Yuval. Doch seiner
Meinung nach waren zwar die grundlegenden Tatsachen korrekt,
doch nicht die Schlussfolgerungen. Juden verwendeten kein Blut
für matzo, schreibt er.
Der Glaube
an den Gebrauch der Juden von Blut als matzo kann jedoch
besser erklärt werden als durch allgemeinen Hass auf Christen.
In den jüdischen Pessah Riten diente ein kleines Stück
ungesäuertes Brot, das so genannte afikoman, als Symbol
für das Osterlamm. Es wurde zu Beginn des Pessah Festes
versteckt. Man kann sich vorstellen dass ein Mystiker die
Metapher des afikoman als Osterlamm buchstäblich genommen
hat. Die Behauptung wurde von vielen Juden aufgestellt, die die
Herde verliessen und sich der Kirche anschlossen und sie
bemerkten auch, dass afikoman getrennt und im geheimen
gebacken wurde. Einige von ihnen erklärten, dass das Blut nicht
direkt zum Teig hinzugegeben wurde, sondern dass es verbrannt
und dann die Asche in einem Ritual als Erinnerung an das
Reinigungsritual um die rote Färse verwendet wurde.
Für Israel
Yuval, einen gläubigen Juden, ist jeglicher Beweis, der von
einem Bekehrten geliefert wird, „verdächtig“ und „zweifelhaft,
doch es ist Teil der langjährigen jüdischen Tradition, Beweise
von Nichtjuden zu diskreditieren. Ebenso haben die israelischen
„Neuen Historiker“ gerade die Daten von ihren palästinensischen
Kollegen bestätigt, doch ihre Bestätigung der Schreckenstaten
von 1948 hat im Westen eine grosse Wirkung, da nichtjüdische
Forschung als „verdächtig“ und „zweifelhaft“ eingestuft wurde
vom jüdisch dominierten Diskurs. Für Menschen, die nicht
rassistisch sind, gibt es keinen Grund Beweise anzuzweifeln, die
von Nichtjuden oder Ex-Juden stammen. Wenn der Einwand gegen
Bekehrte auf die Abweisung von Abtrünnigen per se
basiert, dann sollte man auch Beweise zurückweisen, die von den
Autoren von Darkness at Noon (Arthur Koestler) und
Homage to Catalonia (George Orwell) oder sogar Beweise von
David Aaronovitch, da sie alle ihren kommunistischen Glauben für
einen anderen aufgegeben haben.
Die
Konvertierten wussten wovon sie sprachen und Yuval bestätigt
dies. Zum Beispiel erklärte ein Konvertierter in Norwich dass
„Juden glauben, dass sie ohne Vergiessen menschlichen Blutes ihr
Land und ihre Freiheit nicht zurückgewinnen können“. Dies ist,
laut Yuval, eine korrekte Interpretation der Auffassung der
Aschkenase von Rache als dem Weg der Erlösung. „Juden glaubten
wirklich, dass ihre Erlösung von der Auslöschung der Nichtjuden
abhängt“, schreibt er. Ja, sie hofften, dass Gott und/oder ihr
Messias die Arbeit erledigen wird, doch ist das wirklich eine
Entschuldigung? Wenn ich hoffe und bete, dass John meinen Feind
Harry tötet und Harry wirklich tot aufgefunden wird, sind dann
nicht meine Hoffnungen und Gebete eher ein Grund mich zu
verdächtigen, als mir ein Alibi zu liefern? „Aber nein, er
hoffte doch nur, dass John es tun würde, also kann er es ja wohl
nicht selbst getan haben?“ Dies ruft mir einen unsterblichen
Satz von Raymond Chandler
in Erinnerung. Sein Privatdetektiv Marlowe entdeckt ein
Taschentuch mit passenden Initialen am Tatort. Die Verdächtige,
eine vornehme junge Dame, die mit dem Opfer eng befreundet war,
weist seinen Verdacht beleidigt zurück. Marlowe bemerkt
ironisch: „Dieses Taschentuch trägt ihre Initialen und wurde
unter dem Kopfkissen des Opfers gefunden, doch es stinkt nach
billigem synthetischem Sandelholz und Sie würden niemals einen
billigen Duft verwenden. Und Sie heben auch nie Ihre
Taschentücher unter dem Kopfkissen eines Mannes auf. Darum kann
dies alles nichts mit Ihnen zu tun haben! Ist das nicht zu
raffiniert?“
IV
Vor weniger
als hundert Jahren wurde zum letzten Mal das Thema Blutopfer
öffentlich diskutiert. Im Jahre 1911 wurde Andrew, zwölfjähriger
Schüler einer kirchlichen Schule, in Kiew (jetzt die Hauptstadt
der Ukraine, damals eine grosse Stadt im Russischen Imperium)
brutal und auf ungewöhnliche Weise ermordet. Auf seinem Körper
wurden 47 Wunden entdeckt, sein Blut wurde ihm entzogen und sein
Wund geknebelt. Der Mord schien rituellen Charakter zu haben, so
wie der Mord am Torsojungen in England in unseren Tagen. Er
könnte von einem Satanisten begangen worden sein, von einem
Fanatiker oder einem anderen Besessenen.
Hätte eine solche Person jüdischen Ursprungs sein können?
Ja. Hätte
der Antrieb hinter diesem Mord eine eigenartige
Missinterpretation des jüdischen Glaubens sein können? Wir haben
gesehen, dass die Antwort darauf „ja“ heissen muss.
Dennoch
schrieben 400 Rabbiner einen Brief an die Behörden und an das
Gericht und leugneten, dass solch eine Abscheulichkeit
schlichtweg unmöglich ist. In einem Anfall von Massenhysterie
war Russland geteilt in solche, die den Ritualmorden Glauben
schenkten und solche, die das nicht taten. Die liberalen Medien
akzeptierten die philosemitische These: Juden können nicht
töten. Sicherlich nicht auf rituelle Weise. Der Zar stellte
intelligenterweise Nachforschungen an, wie die 400 Rabbis sich
so sicher sein können. Damit hatte er den empfindlichsten Punkt
gefunden.
Russen,
Engländer, Amerikaner, Franzosen, Chinesen oder auch Christen,
Moslems oder Buddhisten würden niemals ihre Hand ins Feuer legen
für ihre Landsleute oder Glaubensbrüder und behaupten, sie wären
nicht dazu fähig, irgendein Verbrechen zu begehen. Wir wissen,
dass Menschen zu höchster Inspiration aber auch zu niederster
Grausamkeit fähig sind. Menschenopfer gab es in allen Nationen,
auch bei den Griechen (Iphigenie) und Hebräern (Jephtah).
Dennoch waren die Juden dazu bereit, für ihre Brüder
israelischer Zugehörigkeit zu bürgen, obwohl ihre Religion die
religiöse Pflicht des Genozids (Amalek) nennt, sowie die
religiöse Pflicht, Nichtjuden zu verfluchen und die tatsächlich
rituelle Kindsmorde praktiziert haben (auch wenn es sich um ihre
eigenen handelte). Diese aussergewöhnliche tribale Solidarität
plaziert Juden in einer separaten Kategorie. Es handelt sich
nicht um eine Nation oder eine Religion, sondern um ein
gegenseitiges Beschützungssyndikat.
„Dies ist
eine Anschuldigung gegen das gesamte jüdische Volk“ schrieben
die Rabbiner. Das war eine Lüge: man hatte nur einen Mann
beschuldigt, dessen Unschuld später bewiesen wurde. Doch ihre
Methode war taktisch schlau: Massen von Juden von New York bis
Moskau wurden zur Verteidigung von Beyliss mobilisiert. Die
liberale öffentliche Meinung in Russland, Europa und Amerika
unterstützte sie.
Nur ein
bemerkenswerter Mann, Vasili Rosanov,
ein brillanter Einzelgänger, Dichter, Schriftsteller und
religiöser Denker, einst vergessen, doch heute im
post-sowjetischen Russland recht populär, war überzeugt davon,
dass Andrew von Juden geopfert wurde, doch nicht zwingend von
Beyliss.
(Die russische Intellegentzija ächtete ihn).
Vor diesem
Ereignis war er ein extremer Philosemit (er hatte sogar vor, zum
Judentum überzutreten), doch das schreckliche Schicksal des
jungen Andrew berührte ihn und er war schockiert, dass keiner
von Beyliss Verteidigern sich für das grausam ermordete Kind
interessierte. Er schrieb eine interessante Analyse,
in der er zu beweisen suchte, dass Juden tatsächlich menschliche
Opferungen durchführten.
Er
entwickelte Theorien aus der Kabbala, zeichnete Diagramme, die
eines Alistair Crawley, einer seiner Zeitgenossen, würdig wären
und zitierte viele Verse aus dem Alten Testament, dem Talmud und
dem Neuen Testament, die sich mit Blut beschäftigen. In seinen
Schlussfolgerungen verwies er auf den jüdischen Brauch, das Blut
des beschnittenen Geschlechtsteils zu saugen und auf die
ziemlich grausamen jüdischen Regeln zur Tierschlachtung (die nun
in einigen europäischen Ländern verboten sind). Seine
interessanteste Einsicht war ziemlich erstaunlich sogar für
einen einstigen Christen wie ihn: er erwog, dass das alte
biblische Judentum, Vorgänger des Christentums, menschliche
Opfer kannte und praktizierte; sonst hätte sich (seiner Meinung
nach) Christus nicht selbst als höchstes Opfer angeboten.
Rosanov sah in Isaiah, 53 (er wurde für unsere Sünden geopfert,
etc.) keine Prophezeiung der Passion Christi sondern die
Beschreibung des tatsächlichen Menschenopfers im Tempel von
Jerusalem. Der Gottesdienst im Tempel von Yahweh in Jerusalem
war tatsächlich eine extrem blutige Angelegenheit und Mishna
erzählt von Strömen aus Blut, die unter dem Alter hervorliefen.
Propheten liessen den Tempel schliessen und er war so bei seiner
Zerstörung bereits ein lebender Anachronismus. Darum wurde der
Tempel wahrscheinlich nicht wieder aufgebaut, doch Rosanovs
Erkenntnisse, ob richtig oder falsch, haben keinen direkten
Bezug zum Thema Menschenopfer im 20. Jahrhundert.
Es gibt
keinen Zweifel, in der Bibel, im Talmud und in späteren
kabbalistischen Werken findet man viele Zitate, die sich mit
Menschenopfern befassen. Dahl, der dänische Autor einer kurzen
Abhandlung über die Morde aus dem 19. Jahrhundert, bezog sich
auf die Stelle 23:24 („trinke das Blut seiner Opfer“) und auf
viele andere Verse. Wir sind heute für solche Nachforschungen
besser ausgestattet als die Zeitgenossen von William of Norwich
oder Andrew aus Kiew, denn wir haben bessere Texte. Im Jahre
1913 wären Experten nicht fähig gewesen, das folgende Zitat aus
dem Talmud zu finden:
„Es ist gut, einen Goy zu durchbohren, auch an Yom Kippur wenn
es auf einen Sabbath fällt“. Warum wird das Wort „durchbohren“
an Stelle des Wortes „töten“ verwendet? Weil das Töten Segen
verlangt, während man ohne Segen jemand durchbohren kann. Nun
haben wir den Vers schwarz auf weiss in neuen Ausgaben, die in
Israel veröffentlicht wurden. Solche Verse werden üblicherweise
als Zeichen des übertriebenen Hasses von Talmudgelehrten
gegenüber normalen Leuten gesehen. Doch nun könnte ein Mystiker
kommen, ein Schwarzmagier, der diesen Vers als einen Befehl zum
Yom Kippur Opfer kapparoth auffassen könnte.
Dennoch ist
dies kein Beweis dafür, dass solche Fälle häufig auftraten oder
dass diese Tradition weit verbreitet war. Ausserdem kamen die
Gelehrten, die das Phänomen studiert hatten und es als Tatsache
akzeptiert hatten, zu dem Schluss, dass solche Fälle selten
vorkamen und der Mehrheit der Juden nicht bekannt waren.
Rosanov
irrte sich genauso wie die Rabbis. Sie hatten kein Recht, die
grundsätzliche Möglichkeit zu leugnen, dass das Verbrechen von
einem Juden hatte begangen werden können. Sie hatten unrecht mit
ihrer Behauptung, „alle Juden“ wären angeklagt worden. Rosanov
konnte sich auch nicht so sicher wie sie sein. Er hätte die
Blutopfer nicht zum Eckstein des Judentums machen müssen. Doch
als er sich mit der vereinigten philosemitischen Front
konfrontiert sah, bekam seine Kämpfernatur die Überhand. Wir
werden seine Haltung als unfair und voreingenommen ablehnen.
Tatsächlich ist der Gedanke an Menschenopfer und an Blut zur
Sühne Christen und Juden gleichermassen bekannt; daher hätte der
Ritualmord an Andrew von Personen mit jüdischem und
nichtjüdischem Hintergrund begangen worden sein können. Im
besten Fall könnte Rosanovs Buch einen jüdischen Mystiker
überzeugen, sich einmal im rituellen Mord oder im Bluttrinken zu
versuchen.
Doch die
Juden hatten den Fall als Anschuldigung gegen alle Juden
aufgefasst. Das Beyliss Verteidigungsteam versuchte, den Fall
einer der hauptsächlichen Zeugen, Vera Cheberiak, anzuhängen.
Ein Anwalt bot ihr eine enorme Bestechungssumme an; er gestand,
er habe sie auf seine Initiative hin unter zweifelhaften
Umständen getroffen. Ihre eigenen Kinder wurden „von unbekannten
Personen“ getötet. Im Jahre 1919, nach dem Sieg der
Bolschewiken, wurde sie verhaftet und roh von den jüdischen
Kommissaren der Kiew Cheka misshandelt. Sie weigerte
sich, ihre Aussage zurückzuziehen und bestand darauf, sie hätte
die Wahrheit gesagt. Sie wurde nach einer 40-minütigen
Verhandlung hingerichtet.
In
demselben Jahr berief das sowjetische Erziehungsministerium eine
Kommission ein, um endlich die Wahrheit über die Blutopfer
herauszufinden. Die Kommission bestand aus vier Juden und vier
Christen. Simon Dubnov, ein jüdischer Historiker, nahm Teil an
der Kommission und er schrieb in seinen Memoiren: „die
russischen Mitglieder schlossen die Möglichkeit nicht aus, dass
es eine geheime jüdische Sekte geben könne, die rituelle Gewalt
praktizieren. Die jüdischen Mitglieder der Kommission waren sich
sicher, dass so etwas nicht möglich sein könne“.
Alexander
Etkind, einer unserer Zeitgenossen, ein russisch-jüdischer
Religionsgelehrter und Autor eines massgebenden Buches über
russische Sekten schrieb in seinem Werk:
„Wir können heutzutage offener sein. Ich halte es nicht für
unmöglich, dass es unter den Juden eine grausame und geheime
Sekte gab. Ich studierte die russischen Sekten und einige
darunter können als blutig, brutal und mörderisch beschrieben
werden. Mir sind keine ähnlichen jüdischen Sekten bekannt, doch
ich kann ihre Existenz nicht von vornherein ausschliessen.
Scheinbar entspricht meine Auffassung eher der der russischen
Kommissionsmitglieder als der der jüdischen“.
In der
langen Geschichte der Nachforschungen über die Blutlüge war dies
die intelligenteste Bemerkung, die jemals gemacht wurde.
Alexander Etkind hatte Recht und David Aaronovitch unrecht. Der
bekannte jüdische Kabbalist und Mystiker Yitzhak Ginzburg,
Vorsteher der israelischen Yeshiva Od Yosef Hai,
bestätigte dies, als er neulich amerikanischen Zeitungen
erzählte, dass „ein Jude einem Goy die Leber entnehmen darf,
wenn er sie braucht, da das Leben eines Juden wertvoller sei als
das eines Goy, genau wie das Leben eines Goy wertvoller ist als
das eines Tieres“. Solche Leute machen keinen Unterschied
zwischen dem Opfer eines Tieres oder eines Menschen.
V
Das Thema
der Ritualmorde spaltet die Menschheit, doch es ist keine
Trennung in Juden versus Nichtjuden. Die wahre Teilung
ist ähnlich scharf abgegrenzt: auf der einen Seite stehen
Philosemiten, Juden und Nichtjuden, die die Möglichkeit der
jüdischen Schuld von vornherein auschliessen. Wenn sie eine
Leiche finden und ein Jude mit dem Messer in der Hand daneben
steht, dann würden sie ausrufen „Nicht schon wieder eine blutige
Verleumdung!“ Auf der anderen Seite stehen normale Menschen,
Juden und Nichtjuden, die bereit dazu sind, die Begleitumstände
jedes Falles vorurteilsfrei zu analysieren, wie es Alexander
Etkind vorschlägt. Ein Philosemit schliesst von vornherein aus,
dass ein grausamer oder ritueller Mord von einem Juden begangen
wurde; er ist ein naiver Rassist, im besten Fall. Herr
Aaronovitch weiss nichts über den Damaskus Fall. Der Mord wurde
vor langer Zeit im Jahre 1840 begangen. Er setzt einfach voraus,
dass ein Jude nicht schuldig sein kann. Punktum.
Die
Verdächtigen von Damaskus wurden gefoltert und daher ist ihr
Geständnis ungültig, schreibt Aaronovitch. Folter ist eine üble
Sache, doch in Israel werden Verdächtige von „Terrorverbrechen“
ausnahmslos gefoltert. Laut Amnesty International und
anderen Menschenrechtsvereinigungen wurden zehntausende
Palästinenser, Kinder miteingeschlossen, in den Kellern der
Shabak gefoltert. Dennoch hat Aarnonovitch noch nie
irgendwelche israelischen Schlussfolgerungen angezweifelt, die
durch Folter zustande gekommen sind.
Das
Mordopfer war ein Priester und dies brachte Aaronovitch dazu,
den Fall als „antisemitische Blutlüge“ einzustufen. Doch Juden
töteten Priester, Nonnen und Mönche. Hunderte wurde in Antiocha
im Jahre 610 dahingemetzelt und tausende in Jerusalem im Jahre
614. Mönche und Priester werden sogar heutzutage in Israel
getötet. Beispielsweise tötete der Siedler Asher Rabo vor ein
paar Jahren einige Mönche mit einer Axt und bespritzte die Wände
mit ihrem Blut. Er wurde von einem Mönch aus dem Jacob’s Well
Kloster gefasst und von einem israelischen Gericht für
geistesgestört erklärt. Später wurden zwei russische Nonnen mit
einer Axt im baptistischen St. John’s Kloster getötet.
Praktisch alle Priestermörder und Schänder von Kirchen und
Moscheen wurden von israelischen Richtern für geisteskrank
erklärt, doch hinter ihrer Geisteskrankheit steckte System.
Aaronovitch stellt den Damaskusfall als „Verleumdung aller
Juden“ dar. Dabei wurde doch bloss eine Person des Mordes
angeklagt. Zur gleichen Zeit hatte Farhi, ein Jude aus Damaskus,
„mehr Geld als die Bank of England“ (schrieb ein
englischer Reisender) und verwaltete den Schatz von St Jean
von Akkon. Wenn die Beschuldigung eines einzelnen Juden
die Beschuldigung aller Juden sein soll, dann kann man
kleine Fehler auch nicht durch kleine Massnahmen richtig
stellen.
Tatsächlich
brachten Philosemiten wie Aaronovitch unglaubliches Unheil über
die Menschheit und über die Juden. Sie schlossen von vornherein
die Schuld von Kapitän Dreyfus oder Beyliss aus. Anstatt
beiseite zu treten und die Gerechtigkeit ihren Lauf nehmen zu
lassen, lösten sie in Frankreich und Russland eine
Massenhysterie aus und erreichten so zwar Freisprüche, doch
unterminierten gleichzeitig auch den Volksglauben in das
Rechtssystem. Nach den Dreyfus und Beyliss Gerichtsverhandlungen
erhoben sich Juden über das Gesetz. Das verursachte die
Gegenreaktion von 1930, und die neuerliche Gegenreaktion unserer
Tage und dies wird voraussichtlich eine weitere zukünftige
Gegenreaktion auslösen.
In einer
besseren Welt würden die Anhänger von Dreyfus und Beyliss wegen
Missachtung des Gerichts verurteilt, denn sie handelten unter
der stillschweigenden Maxime „ein Nichtjude darf einen Juden
nicht verurteilen“. Man sollte an Ritualmorde weder glauben,
weder nicht daran glauben. Die Fähigkeit des Menschen Verbrechen
zu begehen ist wohl bekannt und es kann Monster geben wie Dr.
Hannibal Lecter in Das Schweigen der Lämmer. Einige von
ihnen werden von ihrer eigenartigen Interpretation der Heiligen
Bibel motiviert. Heutzutage sendet der Präsident einer
Supermacht seine Schocktruppen aus, um ein kleines und schwaches
Land anzugreifen und tausende von Männern, Frauen und Kindern zu
töten, weil er glaubt, dass Gott es so will. (Ja, es handelt
sich um den Gott Mammon, wie ein geistreicher polnischer
Philosoph
bemerkte.) Er hätte besser daran getan, still das Blut von Babys
zu trinken.
Moderne
Juden wissen kaum, dass sie am Pessah matzo essen sollen,
oder gar afikoman. Sie sind sich des lästigen Erbes des
mittelalterlichen Judentums herrlich unbewusst. Doch ein paar
Dinge sind aus diesen Zeiten geblieben.
Der
Gedanke, dieses Essay zu schreiben, kam mir, als ich zusehen
musste, wie die Zahl der getöteten palästinensischen Kinder
täglich anstieg. Seit dem Beginn der Zweiten Intifada am
29. September 2000 haben 2237 Palästinenser ihr Leben gelassen,
darunter sind 430 getötete Kinder: 228 Kinder unter 15 Jahren
und 202 Kinder zwischen 15 und 17 Jahren. Das ist mehr als die
Zahl aller Kinder, deren Ermordung die Juden jemals beschuldigt
wurden seit William of Norwich. Warum sollte man alte
Beschuldigungen bemühen, wenn ein neues unleugbares Verbrechen
vorliegt?

Weil die
modernen Mörder das traditionelle Vertuschen geniessen. Das
Vertuschungssystem stammt nicht etwa aus der jüngsten
Vergangenheit; es ist ein Erbe aus dem Mittelalter, als die
jüdischen Gemeinden vom omertà Loyalitätskodex beherrscht
wurden. Ein Krimineller darf niemals einen Mitschuldigen der
Justiz übergeben. Diese Auffassung wurde in das Innenleben der
jüdischen Gemeinden integriert. Sie führten sogar den Begriff „moser“
(Informant) ein, der jemanden bezeichnet, der nichtjüdische
Behörden über Verbrechen informiert, die Juden an Nichtjuden
begangen haben. Ein solcher moser ist „ben mavet“:
er kann und sollte von einem Juden getötet werden,
vorzugsweise an Purim oder Pessah, doch Yom Kippur
ist auch ein geeigneter Zeitpunkt. Demnach war es einem Juden,
der von einem gemeingefährlichen Fanatiker wusste, der rituelle
Morde beging, unter Todesstrafe verboten, die nichtjüdischen
Behörden zu informieren. Diese mittelalterliche Haltung ist
immer noch lebendig, da sie im philosemitischen Konzept der
grundsätzlichen Unschuld von Juden wieder zum Leben erwacht ist.
Mit anderen
Worten leistet ein Philosemit, der den Gedanken selbst an ein
Verbrechen, das von einem Juden begangen wurde, zurückweist,
potentiell Beihilfe zum Mord. Lassen Sie uns noch einmal den
Artikel aus dem Observer betrachten. Warum löste er keine Welle
der Empörung aus? Heisst das etwa „wir können Juden nicht mit
Schwarzen vergleichen“? Oder bedeutet das, die Schwarzen haben
nicht das kranke und verdorbene Bedürfnis jeden Schwarzen
zu verteidigen, ungeachtet der Schwere des Verbrechens?
Kommen wir
nun zu dem wahren Verbrechen hinter den Behauptungen, denn
dieses Verbrechen ist immer noch präsent. Hunderte von Juden
kennen den teuflischen Plan der „Rächer“, angeführt von Abba
Kovner, der darauf abzielte, Millionen unschuldiger deutscher
Zivilisten, Männer, Frauen und Kinder zu töten - und kein
einziger berichtete der Polizei davon oder versuchte, die
Ausführung des Plans zu verhindern. Nebenbei gesagt, erst heute
versprach der Anführer der deutschen jüdischen Gemeinde dem
abstossenden Michel Friedman seine „totale Unterstützung“, „dem
Mann, der sein Jüdischsein zu einem nützlichen Werkzeug machte“
um mit den Worten Benny Zippers vom Haaretz
zu sprechen und der beim Koksschnupfen in der Gesellschaft
ukrainischer Huren erwischt wurde. Das wahre Verbrechen hinter
der blutigen Lüge ist diese interne fast kriminelle Solidarität
der Juden, die sich hinter Scharon, hinter Mark Rich und hinter
Michel Friedman stellen, die jedem Bösewicht Zuflucht gewähren,
falls er eine Jude ist oder gut für Juden ist, denn dieses
Verbrechen ist verantwortlich für die Ermordung hunderter
palästinensischer Kinder, mit dem stillen Einverständnis der
Philosemiten.
VI
Paradoxerweise tendieren Juden dazu, Kriminellen Zuflucht zu
bieten, weil ihre Sichtweise der Welt sich so von der
christlichen unterscheidet. Die tiefste Kluft zwischen
Christenheit und Judentum befindet sich nicht auf dem finsteren
Gebiet der Opferungen. Juden glauben an die kollektive Erlösung,
Schuld und Unschuld, Christen glauben an individuelle Erlösung,
Schuld und Unschuld. Darum hat die Sünde eines Christen keine
Auswirkung auf den Rest der Christenheit. Ein Christ ist frei
von Schuld durch die Inkarnation Christi, durch seinen Tod und
seine Wiederauferstehung, durch seine eigene Taufe und
Kommunion. Doch auch Juden tragen der christlichen Auffassung
nach keine kollektive Schuld.
Für einen
Juden würde die eingestandene Schuld eines Juden alle Juden zu
Schuldigen machen. Darum sind für die Juden alle Christen (oder
alle Deutschen, alle Palästinenser, etc.) der Verbrechen für
schuldig zu befinden, die ein paar von ihnen begangen haben.
Darum sind in jüdischen Augen Nichtjuden grundsätzlich schuldig.
Amerikaner sind schuldig, da ihre Vorväter nicht alle Juden in
den dreissiger Jahren aufgenommen haben. Christen sind schuldig,
da ihre Vorfahren nicht gerne verflucht werden wollten und
gelegentlich diejenigen misshandelten, die sie verfluchten.
Deutsche und Palästinenser Russen und Franzosen - jeder steht,
jüdischer Auffassung nach, in der Schuld der Juden.
Diese
jüdische Auffassung der kollektiven Verantwortlichkeit überträgt
sich heutzutage auf das Christentum. Die Deutschen sind von
ihren Schuldgefühlen besessen und nehmen in masochistischer
Apotheose Goldhagen seine Lügen ab. Die katholische Kirche bat
die Juden sogar um Verzeihung. Es ist eine gute Sache, wenn ein
Übeltäter einen Geschädigten um Verzeihung bittet. Doch die
Übernahme des jüdischen Denkmusters der kollektiven Schuld ist
ein eine Fehleinschätzung und auch ein theologischer Irrtum. Wir
sind frei von Schuld. Die Kirche ist frei von Schuld. Und die
Juden - die modernen Juden - sind frei von der Schuld, die sich
ihre Vorfahren aufgebürdet haben mögen. Auch wenn
mittelalterliche Juden eine mörderische kindsmordende Sekte
gedeckt hätten, sind Juden – unsere Zeitgenossen – unschuldig.
Nun, wenn
auch das Gerede um die blutige Verleumdung dazu benutzt wird in
modernen Europäern Schuldgefühle zu wecken, muss man eines
zugeben: die Christen waren ziemlich nett zu dieser
abscheulichen Gruppe meiner Vorfahren: sie waren immer dazu
bereit, sie als Gleichberechtigte zu empfangen, als geliebte
Brüder und Schwestern. Stellen Sie sich das vor: während die
Juden sich täglich wünschten, die Christen mögen tot umfallen,
wünschten sich die Christen, die Juden mögen sich ihnen
anschliessen und so gerettet werden. Die Grosszügigkeit der
Kirche war fabelhaft - sogar Juden, die grausame Morde begangen
hatten, konnten sich durch die Taufe retten.
Daran denke
ich, wenn ich Goldhagens Angriffe auf die Kirche lese, oder
andere jüdische Schriften, die die Kirche für ihren
„Antisemitismus, der zum Holocaust führte“ verdammen.
Dankbarkeit ist nicht gerade eine Stärke des jüdischen Systems
der moralischen Werte. Im Jahre 1916 versprach Weizman den
Briten die ewige Dankbarkeit der Juden und die schickten ihre
Soldaten nach Gaza, Beersheba, Jerusalem und Megiddo in den Tod
für die nationale Heimat der Juden. 1940 war die Ewigkeit vorbei
und die Juden begannen damit, die britischen Soldaten zu
verfolgen und zu töten. Im Zweiten Weltkrieg nahmen die Russen
alle jüdischen Flüchtlinge auf, verloren Millionen eigener
Soldaten und retteten die Juden. Anstatt Dankbarkeit dafür zu
zeigen, verglichen sie Stalin mit Hitler, berichteten von
russischen Pogromen und verlangten (erfolgreich) nach Sanktionen
für Russland. Libanesische Maroniten verbündeten sich mit
Israel, nur um dann wie ein heisses Eisen fallengelassen zu
werden, als sich Israel zurückzog. Doch die Undankbarkeit der
Kirche gegenüber ist der extremste Fall. Christen nahmen die
Juden als Menschen wahr, die von einem Dämon besessen waren, und
sie waren tatsächlich vom Dämon des Hasses besessen. Es handelte
sich nicht um eine rassische, sondern eine ideologische und
theologische Gruppe und durch die Aufgabe der Hassgedanken
konnte ein Jude sich der Menschheit anschliessen. Man behandelte
Juden so wie man heute Neonazis behandelt: abstossende und
abscheuliche Kreaturen, die man auf Distanz halten sollte, denen
jedoch vergeben wird, wenn sie ihre Fehler einsehen. Viele Juden
wurden in die Kirche aufgenommen und manche wurden zu Heiligen,
wie die Heilige Teresa und manche wurden zu Bischöfen, manche zu
Edelleuten und manche zu Lehrern und Gelehrten. Doch das
wichtigste, was ihnen die Kirche gab, war die völlige Erlösung
vom Geist des Hasses. Sie wurden erlöst von dem Zweifel daran,
dass Menschen sie liebten und sie liebten die Menschen
ihrerseits - nicht nur die Auserwählten sondern alle.
VII
Wir können
jedoch noch eine weitere und bedeutendere Interpretation der
„blutigen Verleumdung“ vorbringen. Die prä-modernen Menschen
waren von Natur aus Jungianer: ihre Mythen dienten ihnen dazu,
ihre Gedanken zu vermitteln. Mittelalterliche Juden waren die
Vorboten des Kapitalismus und der Globalisierung, die
Strömungen, die sich als Gefahr für Kinder und für die Zukunft
normaler Menschen herausstellen sollten. Sie waren Wucherer und
Wucherer „saugen“ ihren Schuldnern „den Lebenssaft aus“ auch
heute noch. Somit war die Anschuldigung des Blutopfers eine
mächtige „Vogelscheuche“, eine metaphorische Warnung, die sich
an potentielle Kreditnehmer richtete, damit sie sich von den
Wucherern fernhielten und dem aufkommenden Kapitalismus
skeptisch gegenüber seien.
Wir
benutzen auch heute metaphorische Vogelscheuchen. Die Regierung
könnte sagen „raucht kein Marihuana, denn wir verdienen viel an
Wein und Spirituosen und ausserdem sollt Ihr Euch beim Shopping
entspannen und nicht beim Pot rauchen“. Stattdessen macht sie
der Öffentlichkeit angst mit Bildern von Heroinabhängigen:
verarmten Familien, gesundheitlichen Problemen und
gesellschaftlichen Konsequenzen. Marihuana ist nicht gleich
Heroin, doch ohne Angstgefühle werden die Menschen die Warnung
nicht beachten, denken zumindest die Meinungsstrategen.
Die Armen
der Prä-Moderne kannten die Lehren von Marx nicht und sie
verwendeten die Sprache der Mythen. In der Tat gehörten alle
Opfer von Ritualmorden der Arbeiterklasse an und der Glaube an
jüdische Ritualmorde war unter den Armen weit verbreitet, die
als erste unter der Ankunft des Kapitalismus litten.
Andererseits unterstützten die königlichen Herrscher und die
Oberschicht meist die Juden und bestraften diejenigen, die sich
über Ritualmorde beschwerten. In einigen Ländern wurden
diejenigen, die sich beklagten, mit dem Tod bestraft während der
Zar in Russland allein die Möglichkeit, an Ritualmord zu denken
durch ein Gesetz im Jahr 1817 verbieten liess.
Die herrschende Klasse fürchtete sich offenbar nicht vor
Kapitalismus und Wucher.
Dieses
Warnsystem funktionierte solange, bis die Christen der
Versuchung des Wuchers im Zeitalter der religiösen Toleranz
selbst verfielen und das „Blutsaugen“ nicht mehr nur eine
ausschliesslich jüdische Beschäftigung war. Madame Bovary, diese
charmante und all zu menschliche Figur Flauberts wurde von einem
französischen Wucherer ruiniert, der sie in die Falle lockte,
indem er ihre Ängste mit einem beschwichtigenden „Ich bin kein
Jude“ zerstreute. Damit wurde der alte beängstigende Mythos
nicht mehr eingesetzt, da er unwirksam geworden war.
Die Welt
wurde zivilisiert, ganze Gemeinden und Länder verschuldeten
sich, während Bürger sich als Geisel von Darlehenszahlungen und
Konsumentenkrediten wiederfanden. Mit dem Sieg des Kapitalismus
und der Ausbreitung der Globalisierung ging es mit den
Möglichkeiten für normale Kinder bergab, aufzuwachsen, einen
guten und befriedigenden Job zu finden und in Frieden in ihrem
Eigenheim zu leben, wie ihre Eltern vor ihnen auch. Die grosse
Gefahr für unsere Kinder ist kein einzelner Jude am Rande der
Gesellschaft, sondern unsere Gesellschaftsstruktur an sich, und
die verlangt nach einem völlig neuen Mythos zur Warnung.
Hesronot Shas, Pesahim mem tet 13 bet, Omar R Eliezer,
am haaretz mutar lenochro byom kipurim shehal lihiot
beshabat. Omru lo talmidav, Rabbi, emor "leshohto"!
Omar
lahen ze taun bracha, uze ein taun bracha.
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